Commitment, Polarlichter und vieles mehr!
Liebe Freunde,
dieses Jahr ist im Sturmschritt voran gegangen und der Sommer zieht schon ein! In den letzten Monaten war viel in Bewegung, und es ist Zeit, dass ich mich mal wieder melde.
Commitment ist ein Wort, das sich schwer in Deutsch übersetzen lässt. Es ist ein Zusammenspiel aus Engagement, Verpflichtung, Berufung und ja auch: Treue-Gelübde. Mit diesen Themen haben wir uns in den letzten Wochen viel beschäftigt.
Schon vor 3 Monaten haben wir begonnen, zu diesen Themen viele Mitglieder der Bruderhof-Gemeinschaft zu befragen, und viele gute Antworten bekommen. Aber dieses Thema ist ja so viel größer als unsere kleine Gemeinschafts-Bewegung! Deshalb haben wir hier am Bruderhof am Stein zusätzlich eine Video-Serie produziert, die verschiedene Menschen interviewt und befragt, was für sie Commitment im Alltag bedeutet. Wer die Videos noch nicht gesehen hat, sollte sie nicht verpassen!
Vom 9. – 12. Mai konnten wir uns dann im Darvell-Bruderhof in Süd-England mit all den Jugendgruppen von den europäischen Gemeinschaften treffen. Über 75 junge Leute aus Österreich, Deutschland und England stellten sich der Frage: Was bedeutet „Leben in Gemeinschaft“ im Jahr 2024?
Ich habe verschiedene Konferenz-Teilnehmer gebeten etwas dazu zu schreiben. Hoffentlich vermitteln diese Berichte einen kleinen Einblick, was uns dieses Wochenende bedeutet hat.
Gavin Maendel
Meine Gesprächspartner und ich diskutierten unter anderem darüber, ob es möglich ist, ein echter Christ zu sein, ohne sich einer Gruppe von Gläubigen anzuschließen, über die Notwendigkeit und den Zweck einer lebenslangen Verbindlichkeit sowie über die Frage, wozu wir uns als junge Menschen auf dem Bruderhof verpflichten - zur Form des Gemeinschaftslebens selbst oder zur größeren Vision, die dahinter steht. Die Konferenz war insofern hilfreich, als sie uns die Möglichkeit gab, von den manchmal überwältigenden praktischen Herausforderungen des Gemeinschaftslebens Abstand zu nehmen und die Grundlagen dafür zu bedenken, warum wir zur Gemeinschaft berufen sind und in ihr leben. Ich habe es sehr geschätzt, viele meiner Gefährten aus England und Deutschland zu treffen und ein besseres Verständnis für ihr Leben zu bekommen. Ein zusätzlicher Bonus war, dass wir fast die ganze Zeit im Freien verbracht haben, bei dem schönen Maiwetter in Südengland.
Gemma Brinkmann
Vor dieser Konferenz war ich ein wenig skeptisch, was es über das Thema „Commitment“ zu diskutieren geben würde. Commitment bedeutet für mich, an etwas festzuhalten, was auch immer kommen mag. Das war mir längst klar.
Aber dann waren diese Tage, doch ganz anders als ich sie mir vorgestellt hatte.
In Kleingruppen hatten wir die Möglichkeit tiefer in das Thema einzutauchen. In meiner Gruppe war Commitment nur die Eröffnungsdiskussion. Wir haben dann auch über die Rolle der Technologie, insbesondere Handys, in unserem Leben geredet. Hat mein Handy meine Lebensqualität verbessert? Wenn nein, wie gehen wir als Gemeinschaft damit um? Ab welchem Alter sollten Kinder ein Handy bekommen? Was geben wir der nächsten Generation an Werten mit? Setzen wir uns dafür ein, dass wir bei unseren Bemühungen, mit Freunden auf der ganzen Welt zu kommunizieren, die Menschen, die direkt neben uns leben, nicht vernachlässigen?
Ich nehme aus dieser Konferenz die Herausforderung mit, dass es für uns als jüngere Generation wichtig ist, darauf zu achten, dass wir uns nicht von den Menschen, die direkt vor uns stehen, ablenken lassen. Handys sind wichtige Kommunikationsmittel, aber sie nehmen auch leicht unsere ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Lustigerweise, in den drei Tagen, die wir gemeinsam verbracht haben, habe ich fast niemand gesehen, der am Handy war und das war eigentlich schon ein Wunder!!
Technologie ist nur eines von vielen Themen, die unsere Jugend beschäftigt. Ich komme von diesen Tagen inspiriert und ermutigt zurück, weil ich so viele junge Leute getroffen habe, die ähnliche Anliegen und Ziele teilen.
… Als wir dann am ersten Abend bis Mitternacht am Lagerfeuer saßen, haben wir plötzlich helle Streifen im Himmel gesehen: Polarlichter - wie extra für die Konferenz bestellt!
Ich konnte nicht widerstehen, mein Handy zu zücken und ein paar Fotos zu machen.
Irene Keiderling
Die Konferenz war für mich sehr spannend. Es hat mich sehr inspiriert, 75 junge Erwachsene aus Deutschland, Österreich und England zu treffen und gemeinsam über Themen zu diskutieren, die für uns wichtig sind. Ich war überrascht, dass uns alle die gleichen Themenbeschäftigten. Für mich war das wichtigste Thema das Gebet. Am Ende der Konferenz nehme ich mit, dass ich mehr beten will, um meine Beziehung zu Gott aufzubauen. Wir können auch Menschen, die weit weg sind, unterstützen, indem wir für sie beten. Ich habe diese gemeinsame Zeit als sehr hilfreich und ermutigend empfunden.
Brooke Barron
Wir trafen uns, um über Commitment zu sprechen, aber für mich war das vor allem ein Ausgangspunkt. Am Lagerfeuer begannen wir mit einem Vergleich von Metaphern, die mit Commitment und der Abhängigkeit von Gott zu tun haben. So zum Beispiel der Bergsteiger, dessen Sicherheitsseile ihn davor bewahren, weiter zu fallen als nur bis zum nächsten Sicherheitshaken, an dem er wieder hochklettern kann. Wir haben das mit dem Gebet und unserer Verbindlichkeit, die wir mit anderen Mitchristen eingegangen sind, verglichen. Beides wie die Pitone, die in den „Felsen“ geschlagen werden, und der Fels ist für uns Christus.
Unsere Gespräche konnten wir allerdings nicht ständig auf einer geistigen Ebene halten: Neben dem Wortgefecht um den Begriff “Pitone” erinnere mich, wie wir an einem Punkt plötzlich anfingen darüber zu diskutieren, warum Wombats eckige Ausscheidungen haben, und wie es eigentlich zur Erschaffung der Schnabeligel kam? Aber das waren nur kurze alberne Abschweifungen.
Die meiste Zeit haben wir uns mit dem Thema „Commitment“ beschäftigt: Wozu verpflichten wir uns? Für einige von uns, nicht für alle, die ums Lagerfeuer saßen, bezieht sich das vor allem auf unsere Treue-Gelübde gegenüber Gott, die wir eingegangen sind durch die Taufe und mit der Bruderhof-Gemeinschaft als Mitglieder.
Dann haben wir uns damit auseinandergesetzt, warum wir eigentlich in Gemeinschaft leben und was es mit dem biblischen Konzept der Gütergemeinschaft auf sich hat. Auch das Gleichnis von den anvertrauten Talenten, wie es im Matthäus-Evangelium im 25. Kapitel beschrieben wird, hat uns beschäftigt - genauso wie die Frage, ob ein Christ eine Kirche oder eine Gemeinschaft braucht, um seiner Berufung als Nachfolger Christi wirklich erfüllen zu können.
Als wir uns mit der Frage nach der Dreieinigkeit Gottes beschäftigten, hatten wir danach mehr Fragen als zu Beginn. Und wenn wir auch manchmal nicht mehr Klarheit als zu Beginn unseres Gesprächs hatten, so zwang uns die lebhafte Diskussion doch weiter zu fragen und nach Antworten zu suchen.
Von den vielleicht zehn Leuten, die an diesem Abend um mich herum am Lagerfeuer saßen, kannte ich einige schon gut, andere hatte ich jedoch noch nie gesehen oder ich kannte sie nur vom „Hören und Sagen“. Es ist schon ein besonderes Erlebnis, wenn man sich über das austauscht, für das man sich mit seinem ganzen Leben einsetzt und man denkt, dass andere vielleicht eine ganz andere Meinung haben, aber dann hört man sie plötzlich Dinge sagen und Gedanken ausdrücken, die man selbst gerade so sagen wollte–das ist wirklich aufregend!
Es ist aufregend zu entdecken, dass die Anderen sich ernsthaft demselben Ziel widmen, und dass auch ihnen dieses Ziel das realste und einzige Ziel in dieser Welt ist. Zu sagen, dass diese Erfahrung meine Hingabe an Gott und mein Commitment meinen Mitgläubigen gegenüber gestärkt hat, wäre nicht ganz richtig, denn Commitment, einmal eingegangen, ist unveränderlich – aber es macht mich zutiefst froh, dass ich dieses Treue-Gelübde abgelegt habe.
Karl Keiderling
Es war wirklich schön, mit so vielen anderen jungen Menschen zusammenzukommen und gemeinsam Antworten zu suchen. Ich habe das Gefühl, dass wir ein enormes Maß an Gemeinschaftsbildung erreicht haben, indem wir internationale Verbindungen zwischen jungen Menschen mit denselben Überzeugungen geschaffen haben. Die gemeinsamen Ziele, die wir verfolgen, und der gemeinsame Lebensstil, den wir leben, schufen während der gesamten Konferenz eine inspirierende Energie, die uns viele sinnvolle Gespräche und viel gegenseitiges Verständnis von Mensch zu Mensch ermöglichten. Indem wir in Arbeit, Glaube und Gemeinschaft zusammen kamen, spürten wir, wie es uns als weltweite Gemeinschaft vereinte. Diese Erfahrung hat uns herausgefordert und inspiriert, unseren Glauben zu vertiefen und unsere christlichen Werte im Alltag zu leben.
Jabez Boller
Eine Pause vom normalen Lebenstempo zu nehmen, um mit all den jungen Leuten aus unseren europäischen Gemeinschaften zusammenzukommen, war der perfekte Weg, um sich wieder auf die wichtigen Dinge im Leben zu konzentrieren. Warum sind wir hier und was sind diese zentralen Ziele, zu denen wir uns verpflichten, wenn wir uns der Bruderhof-Gemeinschaft anschließen? Es geht nicht nur um die Gemeinschaft, es geht um mehr als die praktischen Dinge des täglichen Lebens: tägliche Zusammenkünfte, Arbeitspläne, Traditionen und auch die Gütergemeinschaft, sind nur eine Frucht des zugrunde liegenden Ziels: alles bedingungslos an Jesus hinzugeben.
Am Ende hatten wir zu manchen Themen mehr Fragen als Antworten, aber auch das hat uns innerlich vorangebracht. Wir haben gespürt und erlebt, dass wir trotz unserer Unterschiede, unserer vorgefassten Meinungen und Vorurteile, alle auf das gleiche Ziel hinarbeiten und die gleiche Liebe zu Jesus teilen. Letztendlich ist das alles, was zählt, und die praktischen Dinge werden sich von selbst regeln. Ich freue mich auf die Zukunft, die wir alle mitgestalten werden, weil ich weiß, dass, wenn wir uns auf Jesus konzentrieren, die Unterschiede verschwinden und wir gemeinsam die Sache Gottes voranbringen werden, wobei ER und nicht wir im Mittelpunkt stehen.