Als ich mich vor vier Monaten mit drei anderen Jugendlichen hier auf dem Gutshof in Retz, Niederösterreich, zu einer Reise in den Kosovo und nach Albanien entschloss, wussten wir so gut wie nichts über Land und Leute. Die Zeiten, in denen die Konflikte im Kosovo täglich in den Nachrichten zu sehen waren, waren vorbei, schon bevor einige von uns geboren wurden. Wir kannten eigentlich nur die Mission Ost-West, eine Organisation aus Deutschland, die Christen im Kosovo und in Albanien unterstützt. Simon und Emmy Manke (ein Ehepaar vom Gutshof) waren schon zweimal im Kosovo gewesen und hatten uns von der Mission, ihren „Brüdern“ und der wachsenden Zahl neuer Christen in einem historisch stark vom Islam geprägten Land erzählt. Ihre Fotos vom Kosovo und ihre Begeisterung für die Arbeit der Mission machten uns neugierig und so beschlossen wir, in der ersten Juliwoche 2024 eine eigene Reise in den Kosovo und nach Albanien zu unternehmen, um mit eigenen Augen zu sehen, was die „Mission Ost-West“ dort tut und wie Gott im Land wirkt.
Die „Mission Ost-West“ (MOW) wurde Anfang der 90er Jahre als Brücke zwischen dem Westen und den ehemaligen Ostblockstaaten (u.a. Rumänien und Ukraine) sowie China gegründet. Seit 1992 ist MOW auch im Kosovo tätig und unterstützt dort unter anderem Patenkinder, verteilt Bibeln und fördert Hausgemeinschaften.
Bei unserer Ankunft am Flughafen in Pristina wurden wir von Pastor Bedri Hoxha herzlich empfangen. Er und ein weiterer Bruder brachten uns zum Gästehaus von „MOW“ in Istog, einer Stadt im Nordwesten des Kosovo, nur wenige Kilometer von der serbischen Grenze entfernt. Schon die Fahrt durch die Landschaft und die Erzählungen von Bedri über den Kosovo und seine Geschichte ließen uns die wechselvolle Geschichte des Landes besser verstehen.
Im Jahr 1999 kam es im Kosovo zu Spannungen zwischen ethnischen Albanern und Serben, die zu heftigen Kämpfen, ethnischen Säuberungen, der Vertreibung von mehr als der Hälfte der Bevölkerung des Kosovo und schließlich zur Intervention und Bombardierung durch die NATO führten. 25 Jahre später sind die Folgen des Krieges noch immer sichtbar: ausgebrannte Häuserruinen, Militärfahrzeuge auf den Straßen, weitverbreitete Armut. Auch heute ist das Leben im Kosovo nicht einfach - die Löhne sind sehr niedrig, die Arbeitslosigkeit ist hoch und viele junge Menschen wandern nach Westeuropa aus, wo die Lebensbedingungen weitaus besser sind. Dennoch hat der Kosovo seit dem Krieg auch viele Fortschritte gemacht - die Wirtschaft verbessert sich langsam und das Land verfügt über die meisten Einrichtungen, die man in jedem westeuropäischen Land finden würde.
In den meisten kosovarischen Dörfern sahen wir auch mindestens eine Moschee - in der jüngeren Geschichte war Kosovo ein traditionell islamisches Land. Wie fast alle Menschen, die wir auf unserer Reise trafen, ist auch Bedri als Moslem aufgewachsen. Aber der Islam war für viele nur eine Tradition - sie gingen höchstens einmal in der Woche zum Gebet, fasteten nicht und nahmen nicht an moslemischen Festen teil. Irgendwann in ihrem Leben fanden sie zu Christus und wurden Christen. Für Bedri und die anderen ist das eine Rückkehr zu ihren christlichen Wurzeln, bevor Albanien durch die Türken im fünfzehnten Jahrhundert erobert und zum Islam zwangs-konvertieren wurde. Die Rückkehr zu den christlichen Wurzeln ist ein wachsender Trend im ganzen Kosovo: Bedri zeigte uns eine Regierungsstatistik von vor zehn Jahren, aus der hervorgeht, dass sich 95 Prozent der Bevölkerung als Muslime bezeichnen. Seither ist die Zahl der Christen enorm gestiegen und der Anteil der Muslime liegt nun nur noch bei etwa 45%.
Bedri führt dies auch auf die Arbeit der Ost-West-Mission und anderer Organisationen zurück, die unermüdlich Bibeln und andere christliche Literatur verteilen, manchmal auch unter enormen Schwierigkeiten. Bedri selbst wurde beim Verteilen christlicher Literatur und Bibeln von islamischen Extremisten angegriffen und überlebte nur knapp, nachdem er fünf Tage im Koma im Krankenhaus gelegen hatte. Doch solche Rückschläge bremsen den Einsatz von Bedri und den anderen Brüdern nicht.
Wenn die Spenden für die MOW ausbleiben, drucken sie mit ihrem eigenen Geld Literatur, oder wenn Dörfer in den Bergen nicht mit dem Auto zu erreichen sind, gehen sie zu Fuß oder mit Maultieren, um das Evangelium von Jesus zu den Menschen zu bringen.
Wir besuchten auch eine Privatuniversität in Pristina und trafen den Leiter der Universitätsbibliothek, Urim, ebenfalls ein Christ, der als Moslem aufwuchs und mit MOW verbunden ist. Er führte uns durch „seine“ Bibliothek und die Universität und erzählte uns von seiner Arbeit. Da alle Studenten mit ihm in Kontakt kommen, wenn sie die Bibliothek benutzen, nutzt er diese Begegnungen, um ihnen von Jesus zu erzählen, sie mit christlicher Literatur bekannt zu machen und zu seinen Seminaren über die Bibel einzuladen. Seit Jahren wächst die Zahl der Studenten, die zum Glauben an Jesus finden und dann ihre Kommilitonen mitbringen.
Wir verbrachten auch zwei Tage in Albanien. Dort führte uns Alban und sein Vater, der ebenfalls Bedri heißt. Sie zeigten uns Kruja, eine Stadt in den Bergen oberhalb der Küste, wo der albanische Held Skanderbeg seine Festung hatte und die albanische Hauptstadt Tirana. Am zweiten Tag fuhren wir zur Küstenstadt Durras.
Die besondere Schönheit beider Länder war einfach faszinierend und von der Großzügigkeit und Gastfreundschaft, die uns überall begegnete, waren wir überwältigt. Während unserer gesamten Reise wurden wir von den Brüdern der „Ost-West-Mission“ so freundlich und herzlich betreut. Sie zeigten uns nicht nur ihre beiden Länder, sie führten uns auch in die Geschichte dieser Länder ein; sie versorgten uns mit einer unglaublichen Gastfreundschaft. Es war herzbewegend, ihre Kriegsgeschichten zu hören und die verzweifelte Armut mancher Familien zu sehen, zu denen sie uns führten und die sie versorgen. Gleichzeitig war es sehr inspirierend, die vielen Geschichten der Hoffnung zu hören und zu sehen, wie Jesus im Kosovo und in Albanien wirkt und Menschen zusammenführt, wie Vergebung und Versöhnung Gestalt gewinnen.
Zurück im „friedlichen“ Österreich, gibt es uns das Erlebte doch viel zu denken. Im Gegensatz zum Kosovo erleben wir vorwiegend wirtschaftliche und soziale Stabilität, gleichzeitig nimmt das Interesse am christlichen Glauben und Werten ab. Wir sind dankbar für diese Reise, die uns mit einem völlig anderen Land, einer anderen Kultur und Mentalität konfrontierte, uns aber gleichzeitig mit Brüdern und Schwestern in Christus zusammenführte. Wir sind ihnen nun im Glauben an Jesus tief verbunden.
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Thank you for writing this interesting report. I'm so thankful you could connect with other believers who can re-inspire us!